Wie mit EKS die Fokussierung auf den Kundennutzen zum Maß aller Dinge und der Gewinn zur erfolgreichen „Nebensache“ wird.
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Das neue Jahr kann beginnen. Mit vielen Wünschen, Vorsätzen, Plänen, Projekten und einer klaren Strategie wollen sich viele von uns 2017 erneut auf die wichtigen Dinge fokussieren und ablenkenden Ballast so weit wie möglich reduzieren. Dazu motivieren schöne Vergleiche wie das Glas, das erst mit großen (strategischen) Steinen gefüllt werden muss, dann mit kleineren (taktischen) Kieseln und schließlich mit (operativem) Sand. Würde man in umgekehrter Reihenfolge versuchen, das Glas zu füllen, wäre kein Platz für die großen strategischen Steine.
Wie habe ich mit meinem Unternehmen noventum versucht, dieses hilfreiche Bild für die strategische Marktpositionierung anzuwenden?
In den ersten Jahren unserer Unternehmensentwicklung war die strategische Marktpositionierung primär durch die ausgeprägte Serviceorientierung und Flexibilität von außerordentlich engagierten Mitarbeitern geprägt. In den 90ern des letzten Jahrhunderts ging es darum, die vielfältigen Herausforderungen der damaligen Digitalisierung in Richtung Webservices, der Euro Einführung und der Jahrtausendumstellung zu bewältigen. Eine fachlich-inhaltliche Positionierung unseres Unternehmens war weniger relevant als die Positionierung als kompetenter, vielseitiger, flexibler Dienstleister, der alles Erdenkliche tut, um dem Kunden die vielfältigen Herausforderungen wegzuschaffen. Intern mussten wir „nur“ die richtigen Menschen für uns gewinnen, diesen die Lust auf Service zu erhalten und die Menschen entsprechend zu fördern und zu entwickeln. Mit dieser mitarbeiter- und service-orientierten Haltung konnten wir erfolgreich und profitabel bis auf 80 Mitarbeiter wachsen. Und Spaß gemacht hat es auch. Nebenbei hatten wir bereits die Strukturen für das spätere Employer Branding und für eine angemessene Organisationsexzellenz gelegt.
Als sich der Wind im neuen Jahrtausend drehte und es offensichtlich wurde, dass die Ausrichtung auf Mitarbeiter und auf spontan erkannte Kundenbedürfnisse nicht mehr ausreichen wird, habe ich mich intensiv auf die Suche nach einer zu uns passenden strategischen Marketingmethodik gemacht. Auf der einen Seite ging es darum, unsere Stärken in Bezug auf die individuelle Vielfalt der Mitarbeiter zu wahren und anderseits zusätzlich eine klare, möglichst einfache und einheitliche fachlich-inhaltliche Expertenbotschaft intelligent in den „Markt“ zu kommunizieren. Es musste also die Quadratur des Kreises bewältigt werden.
Bei der Suche nach einer guten Antwort bin ich auch auf Stefan Merath gestoßen, der mir als Autor und Unternehmercoach viele wichtige Impulse zur strategischen Ausrichtung meines Unternehmens und meiner Rolle als Unternehmer gegeben hat. In seinem Buch „Die Kunst, seine Kunden zu lieben“ lernte ich die strategische Marketingmethode EKS, d.h. die Engpass- konzentrierte Strategie, kennen und hatte danach viel Gelegenheit, diese mit ihm und mit anderen Unternehmern mit vergleichbaren Herausforderungen zu diskutieren. Schließlich durfte ich im nächsten Schritt auch intensiv mit Kerstin Friedrich zusammenarbeiten, die die EKS Methode zusammen mit dem „EKS-Erfinder“ Wolfgang Mewes sowie Fredmund Malik und Lothar Seiwert verbreitet hat. Hierzu ist u.a. das Buch „Das große 1x1 der Erfolgsstrategie“ erschienen.
Was ist für mich das besondere an EKS? Revolutionär erschien mir erst einmal, dass es dabei nicht primär um die Steigerung von Umsatz, Gewinnen, Marktanteilen u.Ä, geht, sondern dass das Erzeugen von dauerhaftem Kundennutzen das Maß aller Dinge ist. Damit – so das bei mir entstandene Bild – entsteht quasi automatisch die Bereitschaft des Kunden, für diesen ihm entstandenen Nutzen so viel Geld zu bezahlen, dass damit bei dem konsequent nach EKS aufgestellten Dienstleister überdurchschnittliche Gewinne entstehen und ggfls. auch der Umsatz und der Marktanteil wächst. Mich hat diese Theorie sehr neugierig gemacht, weil sie sich auch mit meinen Wertvorstellungen deckt und weil dies eine Vertrauenskultur zwischen Kunde und Dienstleister bedingt, die ich für nutzenbringend im gesamten Business-Öko-System halte. Im Idealfall erlange ich mit der Ausrichtung nach EKS eine sehr einfach zu kommunizierende, hochgradig fokussierte, kundennutzenorientierte strategische Marktpositionierung, mit der ich mich deutlich vom Wettbewerb differenziere und die es mir erlaubt, angemessen hohe Preise zu erzielen, um damit meine Qualität und den Kundennutzen immer weiter zu verstärken. Das Unternehmen ist dann DER Experte für ein spezielles Kundenproblem und muss sich nicht auf zerfleischende Preiskämpfe einlassen. Es schwimmt im „blue ocean“ statt im „red ocean“. Soweit das Nutzenversprechen von EKS, wie ich es verstanden habe.
Bevor ich die EKS Methode und unsere EKS Implementierung ein wenig näher erläutere, möchte ich das Ergebnis vorwegnehmen. Tatsächlich haben wir mit Hilfe von EKS in einigen Geschäftsfeldern einen fachlich-inhaltlichen Expertenstatus erreicht, mit dem es uns gelungen ist, neue Kunden davon zu überzeugen, dass wir deren Engpässe beseitigen und einen dauerhaften Nutzen erzeugen. Je tiefer der Expertenstatus, desto weniger Wettbewerber treffen wir an und desto besser ist unsere Verhandlungsposition. Aus unserem Werteverständnis versteht es sich von selbst, dass wir preislich fair bleiben. Insoweit „funktioniert“ EKS bei noventum. Was wir nicht erreicht haben, ist eine ganz fokussierte, einfache Positionierung unserer Geschäftsfelder. Im Idealfall entsteht bei der Anwendung von EKS ein fokussierter komplexer Produkt-Dienstleistungs-Hybrid für eine klare Zielgruppe bzw. Problemgruppe mit einem spezifischen Nutzen ohne echten Wettbewerber. Und dazu gehört natürlich eine passende Unternehmensmission, die nutzenorientiert, verständlich und einzigartig ist.
Diesen Idealfall haben wir nicht erreicht und ich glaube, wir wollen ihn auch gar nicht erreichen. Ich liebe unsere Vielfalt in den Themen und die Menschen, die sich beim besten Willen nicht sinnvoll unter einer stark fokussierten fachlich-inhaltlich aufgeladenen Marktpositionierung versammeln lassen. Und doch sind wir davon überzeugt, dass EKS uns sehr hilft, klarer, fokussierter und nutzenorientierter zu sein. Also haben wir entschieden, in dezentraler und selbst-organisierter Form EKS mehrfach anzuwenden und zwar für jeden marktorientierten Geschäftsbereich und bewusst ohne den Anspruch einer Unternehmens-EKS. Für alle Geschäftsbereiche gilt die gleiche Methodik, aber die konkrete Ausprägung bzgl. Zielgruppen, Kundennutzen, Partnerschaften etc. darf sehr unterschiedlich sein. Damit führen wir EKS ein wenig ad absurdum, aber es passt zu uns. Und es funktioniert offensichtlich. Dieses Vorgehen ist sicher nicht einfach, sondern komplex, wozu wiederum eine Haltung zum Umgang mit Komplexität notwendig ist. Hierzu hatte ich in meinem Blogartikel zum Thema „Pyramide oder Pfirsich?“ bereits einiges ausgeführt. Im Kern steht dabei wiederum Vertrauenskultur und Agilität.
Ich hatte oben noch versprochen, ein wenig die EKS Methode aufzuzeigen. Das möchte ich jetzt tun. EKS besteht im Wesentlichen aus vier Prinzipien und sieben Phasen. Die vier Prinzipien lauten:
- Ganzheitliche Spezialisierung: Wer seine Kräfte spitz konzentriert, statt sich breit zu verzettelt, erzeugt mehr Wirkung.
- Minimumprinzip: Wenn der für die Entwicklung einer Organisation entscheidende Engpass beseitigt wird, entsteht großer Nutzen.
- Immaterielle vor materiellen Vorgängen: Kapital ist in der Regel nicht der wichtigste Faktor, denn alles wurzelt im Immateriellen. Während Kapital sich verbraucht, können sich immaterielle Werte durch den Gebrauch steigern.
- Nutzen- vor Gewinnmaximierung: Unternehmen sind nicht dazu da, um Gewinne zu erzielen, sondern um Nutzen zu erzeugen. Gelingt dies, werden Gewinne automatisch erzielt.
Bei den sieben aufeinander folgenden Phasen geht es um:
- Die Analyse der Ist-Situation: Erkennen Sie Ihre Stärken und Ihre Differenzierungsmerkmale und vernachlässigen Sie zunächst Ihre Schwächen.
- Das größte Nutzenpotenzial: Analysieren Sie genau, wie und wo Sie mit Ihren Stärken einen außerordentlichen Nutzen erzeugen können. Betrachten Sie dabei nicht primär die Größe des Marktes. Seien Sie lieber der Erste im Dorf als der Zweite in der Stadt.
- Die erfolgversprechendste Zielgruppe: Denken Sie an Ihre Idealkunden und suchen Sie sich die zu Ihnen passenden Zielgruppen. Beschränken Sie sich auf wenige und haben Sie den Mut, andere Kunden nicht in den Fokus zu nehmen. Werden Sie Zielgruppenbesitzer und analysieren auch die Zugänge über Vermittler zu Ihrer Zielgruppe.
- Die Engpassanalyse: Versetzen Sie sich in die Lage Ihrer Kunden und versuchen, seine Engpässe wirklich zu verstehen. Versuchen Sie, die größten und entscheidenden Engpässe zu erkennen.
- Die Innovationsstrategie: Innovieren Sie entlang des größten Engpasses und der weiteren Engpässe Ihrer Zielkunden. Binden Sie die Zielgruppe mit ein.
- Die Kooperationsstrategie: Kooperieren Sie mit Partnern und ggfls. auch Wettbewerbern, wenn es um die Beseitigung von Engpässen Ihrer Zielgruppe geht. Denken Sie dabei nicht nur an Kooperation in Vertrieb und Marketing, sondern auch in der Lösungsentwicklung. Denken Sie dabei auch an „Cross-Industry-Innovations“ zum Nutzen Ihrer Kunden.
- Das konstante Grundbedürfnis: Konzentrieren Sie sich nicht auf variable Leistungen, sondern auf das konstante Grundbedürfnis Ihres Kunden. Lernen Sie zu unterscheiden zwischen dem vergänglichen Produkt (z.B. Schallplattenspieler) und dem Grundbedürfnis (z.B. Musik hören) und richten Sie Ihre Innovation auf das Grundbedürfnis.
Wir haben bei weitem nicht alle Phasen im Detail durchlaufen, haben uns aber sehr an dem EKS Geist orientiert, den ich wie folgt mit meinen Worten zusammenfassen möchte: Ein Unternehmen sollte seine strategischen Kräfte bzgl. der Marktpositionierung darauf richten, zum Experten für die Erzeugung von außerordentlichem Kundennutzen und zur Beseitigung von Engpässen einer klaren Zielgruppe bzw. Problemgruppe zu werden: Gelingt dies, hat man in diesem Marktsegment einen großen Wettbewerbsvorteil und kann dem Nutzen entsprechende Preise erwarten. Mit anderen Worten: Erst an den Nutzen denken, dann an Gewinn, Wachstum oder Marktanteile. Die Gewinne kommen dann fast von alleine, aber nur fast, denn zusätzlich muss man sein Unternehmen schon exzellent organisiert haben, doch dazu später mehr …
In der kommenden Woche möchte ich in meinem Blogbeitrag ein wenig über die Notwendigkeit von Transparenz und wie man das intelligent anstellen kann, schreiben. Wie wäre es, wenn sehr viele Mitarbeiter die Aussage „Ich werde hier über wichtige Dinge auf dem Laufenden gehalten“ mit einem klaren „JA“ beantworten. Das wäre doch ein wichtiger Beitrag zu einem „Thank God it’s Monday“ Arbeitsplatz.