Vertrauenskultur im Unternehmen
Im Unternehmen Vertrauenskultur zu etablieren, ist eine strategische Führungsaufgabe
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Agile Beratung, Leadership Development, Organisationsentwicklung, People & Culture
Vertrauen ist mehr als ein Konzept oder eine Haltung, es muss aktiv aufgebaut und gepflegt werden. Die meisten Institutionen heben in Mission oder Vision die große Bedeutung von Vertrauen zwischen den Mitarbeitenden und zu den Kunden thematisiert. Wenige aber haben die Pflege der Vertrauenskultur als Prozess und Führungsaufgabe definiert. Uwe Rotermund plädiert in seinem Beitrag dafür, Vertrauen konsequent als Managementaufgabe zu behandeln und diese mit System und nachhaltig zu verfolgen.
Vertrauen ist ein Prozess
Vertrauen ist der Anfang von allem, sagt man so schön. Tatsächlich habe ich bei der Beschreibung eines Rezeptes zum Ausbruch aus der Komplexitätsfalle in meinem Buch die Zutat „Vertrauen“ auch als Grundlage für die darauf aufbauenden weiteren 7 Zutaten „Verantwortung“, „Entscheidungen“, „Agilität“, „Leitbild“, „Leistungsorientierung“, „Information“ und „Rollenklarheit“ gewählt. Nahezu jedes Unternehmen wird den Begriff Vertrauen in seinem Unternehmensleitbild bzw. seinen Werten und Visionen erwähnt haben. Die Benennung und Definition dieses substanziellen Wertes ist jedoch nur der Anfang eines vielfältigen Prozesses zur Etablierung entsprechender Strukturen und Routinen. Vertrauen zu postulieren, ist ein notwendiger „nobrainer“, Vertrauen systematisch zu etablieren und zu managen, eine der anspruchsvollsten und wichtigsten Führungsaufgaben in einer Organisationskultur.
Leistungsorientierung ist ein intrinsischer Motivator
In Frederic Lalouxs Meisterwerk „Re-Inventing Organizations“ ist beschrieben, wie sich moderne Organisationen organisieren und steuern. Laloux fokussiert dabei auf Sinnhaftigkeit, Ganzheitlichkeit und Autonomie. Ich ergänze aus unternehmerischer Erfahrung dabei gerne die Leistungsorientierung als intrinsischer (!) Motivator. Bei dem Aspekt Autonomie sind wir schon ganz tief bei der Vertrauensfrage angekommen. Autonomie bzw. selbstorganisiertes Arbeiten kann nur in einer vertrauensvollen Umgebung gelingen. Auch eine motivierende Leistungskultur entsteht nur in dem Vertrauen, dass Mitarbeiter für sich Leistung wollen, weil es sich für sie lohnt – und das nicht nur finanziell. Leistung zu bringen und dafür Wertschätzung zu erhalten, ist ja schließlich ein Grundbedürfnis von ganz vielen Menschen. Dies wurde in der Industrie- und Verwaltungskultur nur oft durch extrinsische Leistungsanreize korrumpiert.
Vertrauen ist eine Praxis
Bevor wir zu vertrauensfördernden Haltungen, Strategien, Strukturen, Routinen und Verhaltensweisen kommen, sollten wir erst einmal den Begriff klarziehen. Wikipedia sagt:
„Vertrauen bezeichnet eine bestimmte Art von subjektiver, auch emotional gefärbter, Überzeugung, nach der man sein Verhalten einrichtet; hierdurch ist das Vertrauen auch eine Praxis (ein System des Handelns). Das Vertrauen auf eine andere Person beinhaltet Überzeugungen über ihre Redlichkeit und ihre zukünftigen Handlungsweisen: Man erwartet, dass diese Person einem hilfreich sein oder jedenfalls nicht schaden werde. Vertrauen bringt daher Kooperation hervor. Hierbei macht der Vertrauende Aspekte seines eigenen Wohlergehens und seiner Sicherheit vom Verhalten des Kooperationspartners abhängig, geht mit seinem Vertrauen also auch ein Risiko ein.“
Vertrauen hat offensichtlich viel mit positiven Erwartungen zu tun und dazu helfen Vereinbarungen, deren Einhaltungen Vertrauen fördern und Misstrauen verhindern.
In Bezug auf das Vertrauen von Führungskräften und Mitarbeitern ist es daher höchst relevant, dass diese bzgl. ihrer gegenseitigen Erwartungen Klarheit schaffen und dazu Reflexionsroutinen entwickeln. Der Arbeitsvertrag bzw. die Stellenbeschreibung auf der einen Seite und das Führungsleitbild auf der anderen Seite können dabei ein hilfreicher erster Schritt sein, reichen aber bei weitem nicht aus. In meiner Praxis haben sich bzgl. der Klärungen der gegenseitigen Erwartungen folgende Instrumente und persönliche Best-Practices bewährt:
- Beschreibung des erwartbaren Führungsverhaltens anhand der anonymen Great Place to Work® Fragenliste zum Vorgesetztenverhalten
- Partizipative Entwicklung eines Businessplans für jedes Team mit klaren Ergebniserwartungen und Handlungsbeschreibungen
- Partizipativ entwickelte Objectives und Key Results (OKRs) zur Steuerung der im Businessplan definierten Maßnahmen
- Monatliche Team Retrospektiven
- Transparenz zu allen wesentlichen Kennzahlen (Health Metrics) und zu den wichtigen Projekten und Maßnahmen, z.B. über Kanban Boards
- Regelmäßige 4-Augengespräche von Mitarbeiter und Führungskraft mit Feedback entlang der vereinbarten Erwartungen
Vertrauens-Management messen
Wenn dieser erste Schritt der Erwartungsklärung erfolgreich getan ist, gilt es, das Vertrauen in der Organisation zu managen und dadurch eine belastbare Vertrauenskultur und Unternehmenskultur zu fördern. Dazu empfehle ich, die üblichen Managementprozeduren zu nutzen, und zwar quantitative Zielwerte festzulegen, deren Erreichung regelmäßig zu messen, Abweichungen zu analysieren, partizipativ die Ursachen der Abweichungen zu beheben und schließlich erneut zu messen, ob die Interventionen dabei geholfen haben, die Ziele zu erreichen. Das klingt zwar alles sehr formal und durchorganisiert, ist nach meiner Erfahrung aber die notwendige Ergänzung der guten Absicht bzw. der Haltung, Vertrauenskultur zu leben und vorzuleben.
Wie könnte ein gutes Managementsystem zur Förderung von Vertrauenskultur im Unternehmen aussehen? Mögliche Messpunkte für die Qualität der Vertrauenskultur sind anonyme Befragungen der Mitarbeiter - z.B. per Great Place to Work® , Kununu Scores , Bewertungen aus 4-Augengesprächen von Mitarbeitern und Vorgesetzten und die Fluktuationsrate je Führungsbereich. Die Messungen sollten Bestandteil des regelmäßiges monatlichen Unternehmenscontrolling in Form von Health Metrics und OKRs sein. Alle Mitarbeiter des Unternehmens sollten jederzeit per Ampelfunktion wissen, wie diese Kennzahlen stehen. Damit wird deutlich, dass Vertrauenskultur ein wirklicher Key Performance Indikator ist. Bei gelben und roten Ampeln müssen diese ungeschminkt vom Topmanagement verdeutlicht und kommentiert werden. Anschließend ist es erforderlich, in hierarchieübergreifenden Workshops die Ursachen der Vertrauensstörung zu verstehen und zu beseitigen. Hier ist das Topmanagement gefordert, konsequent zu handeln. Ob die Maßnahmen wirken, zeigen dann die nächsten Messzyklen.
Mitarbeiter:innen zu Feedback motivieren
Die Herausforderungen bei der engmaschigen Messung von Indikatoren für Vertrauenskultur durch Befragungen ist die Vermeidung einer Befragungsmüdigkeit der Mitarbeiter. Es ist die Daueraufgabe der Führungskräfte, alle davon zu überzeugen, dass die Teilnahme an Befragungen die Grundlage für Vertrauensmanagement sind und dass jeder durch seine Teilnahme wirklich etwas bewirkt. Und natürlich ist es für Führungskräfte erforderlich, abseits der Befragungen in enger und vertrauter Kommunikation mit den Mitarbeitern zu bleiben und sich tagtäglich als vertrauenswürdig zu zeigen.
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