Selbstorganisation führt zu Silodenken

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Silos zum Nutzen des Kunden

Silodenken in Organisationen ist schlecht. Sagt man. Suboptimal ist sicher, wenn Abteilungen sich von anderen Abteilungen abteilen und wenn die Kommunikation und Kooperation über Abteilungsgrenzen hinweg nicht erfolgt. Aber wird nicht ein bisschen „Silodenke“ in einer agilen Organisation mit hoher Selbstorganisation von kundenzentrierten Teams erwartet? Diese Teams, die ja heute nicht mehr Abteilungen genannt werden, sollen weitgehend unabhängig von dem Rest der Organisation ganz schnell, flexibel, selbstorganisiert, also agil an den Kundenanforderungen entlang Kundennutzen erzeugen und sich dabei wenig bremsen lassen von aufwändigen Informations- und Abstimmprozessen mit anderen Abteilungen und schon gar nicht mit den Hierarchen. Mit anderen Worten sollen diese Teams in Ihrem kundenzentrierten Silo arbeiten und Kundennutzen erzeugen. Und das ist erst einmal gut so.

 

Strategic Business Units zur Fokussierung auf Kundennutzen

Tatsächlich haben wir bei der letzten Organisationsoptimierung von noventum ganz konsequent kunden- und themenzentrierte Geschäftsbereiche gebildet, die so genannten „Strategic Business Units“, kurz SBUs, die sehr autark und selbstorganisiert im Sinne des Kundennutzen arbeiten sollen. Dabei sind diese SBUs mit allem ausgestattet, was ein Unternehmen im Unternehmen benötigt. Dort wird unabhängig Business Development betrieben, werden Marketingkonzepte entwickelt, Vertrieb gemacht und vieles mehr. Ganz bewusst gibt es kaum Vorgaben, so dass Synergien mit anderen SBUs bzgl. der Zielgruppen, der Kooperationspartner, der Technologien nicht gefordert sind. Jede SBU entwickelt dabei seinen eigenen Expertenstatus und wird im Sinne der engpasskonzentrierten Strategie (EKS) zum Engpassbeseitiger seiner eigenen Kundengruppen. Jede SBU erstellt einen eigenen Businessplan, der verbindlich im Gesamtunternehmen vereinbart wird und der regelmäßig überprüft und aktualisiert wird. Für die Mitarbeiter ergeben sich dabei eine Vielzahl von Gestaltungs- und Entfaltungsmöglichkeiten.

 

Interne Unterstützungsprozesse, so schlank wie möglich

Die zentralen Vorgaben und Unterstützungsangebote haben wir bewusst sehr schlank gehalten. Sie beschränken sich auf gemeinsam vereinbarte Deckungsbeitragsvorgaben, auf EKS Standards bei der Businessplanerstellung, auf Onlinemarketingstandards, auf diverse Marketingservices von unserer Inhouseagentur, auf CRM-Standards, auf ein übergeordnetes Qualifizierungs-Curriculum, auf Employer Branding und Mitarbeitergewinnung, auf Buchhaltungs- und Personalabrechnungsleistungen, auf die Bereitstellung interner Technik, auf QM-Standards und auf ein übergreifendes Berichtswesen zur Gesamtunternehmenssteuerung. All diese Querschnittsthemen liegen in den Händen einiger weniger Prozessverantwortlicher, die sich als Dienstleister der marktfokussierten SBUs verstehen.

Eine weitere wichtige Querschnittsaufgabe ist unser Prozess Markenmanagement / Unternehmensentwicklung. Für diesen Prozess bin ich selbst verantwortlich. Es geht dabei um den gemeinsamen Markenkern für das Gesamtunternehmen, um das Leitbild incl. Mission, Vision, Ziele, Werte, Führungsgrundsätze, um die Festlegung und Verbreitung der Gesamtstrategie, um wenige

starke übergeordnete Spielregeln im Sinne einer Corporate Governance, um Öffentlichkeitsarbeit für das Gesamtunternehmen und auch um die Rolle des Unternehmens in der Gesellschaft im Sinne einer Corporate Social Responsability Strategie. Als Prozessverantwortlicher moderiere ich die erforderlichen Entscheidungsprozesse und Beschlüsse gemeinsam mit dem Führungsteam und oft auch mit dynamischen Teams engagierter Mitarbeiter zu speziellen Fragestellungen.

 

Das Anti-Silo Programm

Das ausgesprochen hohe Maß an Selbständigkeit der SBUs führt zwangsläufig zu den Risiken Nebenwirkungen, die auch in der klassischen Silodenke vorkommen. Geschäftsbereiche tauschen sich nicht miteinander aus, wissen nicht voneinander, machen Doppelarbeit etc. Hier muss man systematisch und auch effizient gegensteuern. In unserem Organisationsmodell haben wir das wie folgt gelöst.

Alle Mitarbeiter, die bei der Entwicklung der dezentral erstellen SBU Businesspläne involviert sind sowie die Vertriebler und Marketingexperten, treffen sich einmal pro Quartal zu einem ausführlichen Schlagabtausch nach klarer Struktur. Dieses so genannte Markt Manager Meeting dient sowohl der gegenseitigen Information wie auch als Marktplatz für übergeordnete bzw. gemeinsame Aktivitäten und Projekte. Einmal im Jahr wird das Markt Manager Meeting im Sinne eines Events auf mehrere Tage ausgeweitet, um eine Gesamtmarkenentwicklung zu betreiben. Ein weiterer wichtiger Zweck der Markt Manager Meetings ist das Voneinander lernen und das Erkennen von Synergiepotenzialen. Ob diese Potenziale dann auch genutzt werden, entscheiden dann wieder die SBU Verantwortlichen. Das wird nicht angewiesen.

Des Weiteren kümmert sich das Managementteam monatlich darum, die Performance des Gesamtunternehmens zu analysieren und ggfls. Feintuning an den Spielregeln vorzunehmen und einzelne Herausforderungen, die nicht in den dezentralen SBUs gelöst werden können, abzuarbeiten. Da in den SBUs und durch die internen Unterstützungsprozesse ganz viel geregelt ist und wir uns gegenseitig bei der Wahrnehmung der Verantwortungen vertrauen, sind in den Managementmeetings kaum Entscheidungen zu fällen und Beschlüsse zu fassen. So geht es in diesen Meetings auch im Wesentlichen um die Schaffung von Transparenz und Verständnis.

Schließlich haben wir für alle Mitarbeiter eine umfassende Informations- und Kommunikationsplattform etabliert. Dies geht von regelmäßigen Unternehmensmeetings für alle Mitarbeiter über Knowledge-Exchange-Days über regelmäßige Wegkonferenzen bis hin zu themenspezifischen übergreifenden Meetings für alle Interessierte. Das ganz wird mit Hilfe einer Sharepoint Lösung technisch unterstützt. Dabei pflegen wir eine Grundhaltung einer weitgehenden Transparenz und Kommunikationsfreude.

 

Fazit: Silo oder nicht Silo?

Führt Selbstorganisation tatsächlich zu Silodenken? Auf der einen Seite bietet es große Vorteile, dass sich Teams fokussieren und damit in Ihrem „Silo“ Experten für spezifische Kundenherausforderungen sind und ihr Ding dann im Sinne des Kunden und mit hoher Flexibilität bzw. Agilität durchziehen können. Auf der anderen Seite braucht es sowohl einige wenige effiziente interne Unterstützungsprozesse wie auch intelligente Austauschforen, so dass in der Summe Information und Kooperation „siloübergreifend“ funktioniert ohne die Dynamik der dezentralen Bereiche zu behindern. Und dann muss das Ganze auch noch effizient und wirtschaftlich sein. Das sind wahrlich spannende Herausforderungen, denen wir uns mit Freude und Leidenschaft stellen.

Diese Organisationsform hat tatsächlich mit den Organisationssilos des letzten Jahrtausends wenig zu tun, auch wenn es einige Parallelen gibt. So möchte ich den Silobegriff in der agilen Welt auch nicht weiter strapazieren. Er könnte irreführende Assoziationen hervorrufen.

In der kommenden Woche möchte ich ein wenig über die Gemeinsamkeiten von Improvisationstheater und Führungsgrundsätzen in Unternehmen schreiben. Ich hoffe, wie lesen uns auch dann wieder. Ich wünsche Euch eine erfolgreiche Woche!

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