Moderne Arbeits- und Bürokonzepte – ein Besuch im Microsoft HQ in München
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Blog, People & Culture
Auf „Klassenfahrt“ nach München
Das IT-Forum geht im September auf Klassenfahrt. Der Klassiker seit ca. 10 Jahren und immer wieder höchst inspirierend. Nachdem wir im vergangenen Jahr den künstlich intelligentesten Mitarbeiter der IBM, Watson, kennenlernen durften, zog es uns in der vergangenen Woche zu der noch recht frischen Microsoft Deutschlandzentrale in München. Dort haben wir einen Überblick über die aktuelle Microsoft Unternehmensmission und Produktstrategie bekommen, insbesondere konnten wir aber auch die innovativen Arbeits- und Bürokonzepte live bei einer ausführlichen Führung erleben. Teilnehmer unserer fröhlichen Reisgruppe waren 14 IT-Unternehmer des Münsterlands, konkret die Geschäftsführer von perbit, GuideCom, deltacity, Indal, GML, netfactory, DMI, contenit, NetCon, Winsch, noventum sowie ein IT-Experte der IHK Nordwestfalen.
Konsequente Transparenz, Flexibilität und Effizienz
Schon im letzten Jahr vor dem Microsofts Umzug von Unterschleißheim nach Schwabing fand ich den Slogan des Projektes „unser neues OFFICE in SchwaBING mit vielen „WINDOWS“ prägnant. Und tatsächlich findet man im neuen Schwabinger Office wenig Wände und viele gläserne Büros. Bis auf ganz wenige technikverbundene Arbeitsplätze sucht sich jeder Mitarbeiter jeden Tag seinen Arbeitsplatz – sofern er beschließt, ins Büro zu kommen. Geschäftsführung inclusive. Auf die Frage, ob sich die Menschen und insbesondere die Führungskräfte nicht doch ihre Lieblingsplätze aussuchen und damit Trampelpfade der festen Arbeitsplätze entstehen, wurde von unserem Ansprechpartner glaubhaft verneint. Insgesamt sind für die 2.000 zugeordneten Mitarbeiter auch nur ca. 1.000 Arbeitsplätze eingerichtet. Die anderen Mitarbeiter arbeiten dynamisch und ohne explizite Absprache beim Kunden, im Homeoffice, im mobilen Büro oder bei Bedarf auch vom Urlaubsort aus. Bei Microsoft herrscht vollständige Arbeitsort- und Arbeitszeitsouveränität der Mitarbeiter. Führungskräfte dürfen Mitarbeitern z.B. die Anwesenheit im Büro nicht ohne Zustimmung des Betriebsrats anweisen. Damit trotzdem Teamwork funktioniert, ist eine ausgereifte und hochwertige Kommunikationsinfrastruktur erforderlich, die wir vor Ort bestaunen durften. Auch ist Vertrauensarbeitszeit ohne jegliche Zeitaufschreibung bei Microsoft schon lange eine Selbstverständlichkeit. Geführt wird nur mit klaren und kurz getakteten inhaltlichen Zielen. Dass diese Prinzipien wirtschaftlich erfolgreich sind, zeigen die Betriebsergebnisse und dass die Mitarbeiter diese Arbeitsweise schätzen, beweisen die seit Jahrzehnten exzellenten Platzierungen des Unternehmens im Great Place to Work ® Wettbewerb.
Wie weit darf Transparenz gehen?
Ist diese Form von Transparenz und Flexibilität ein Trend für die Arbeits- und Büroorganisation? Werden diese Prinzipien zukünftig noch konsequenter und umfassender angewendet? Was bedeutet dies für die Privatsphäre der Mitarbeiter? Verschmelzen Privatsphäre und Unternehmenszugehörigkeit in unkontrollierbarer Weise? Nicht nur mein Besuch bei Microsoft hat bei mir dieser Fragen aufgeworfen, sondern ganz besonders auch das Hören des Buches „The Circle“ vor einigen Monaten sowie der kürzliche Kinobesuch der Verfilmung des Werkes von Dave Eggers mit Emma Watson und Tom Hanks in den Hauptrollen. In diesem Roman geht es um ein Unternehmen, das sich wie eine Fusion von Microsoft, Google, Apple und Amazon anfühlt und in welchem ultimative Transparenz auf Kosten jeglicher Privatsphäre erzeugt wird. Im Gegensatz zu George Orwells 1984 lieben die meisten Mitarbeiter dies jedoch und erfreuen sich an den Slogans „Sharing is Caring“ und „Secrets are Lies“. Ich empfehle den Film „The Circle“ sehr. Er löst bei mir eine gewisse Beklemmung aus, da er nicht weit von unseren heutigen idealisierten Arbeitswelten entfernt ist. Und doch schätze ich den Schritt von Microsoft mit dem neuen Schwabinger Büro als einen Schritt in die richtige Richtung. Als Unternehmer halte ich es dabei für entscheidend, dass wir bei allen Vorteilen der Transparenz ein hohes Maß an Freiwilligkeit und Privatsphäre erhalten, damit aus unseren Unternehmen nicht kleine Kopien des im Roman dargestellten Unternehmens „Circle“ werden.
Dave Eggers