Digital Culture Change im Digital Germany
//
Blog, People & Culture
Heftig etwas auf die Ohren - Digital Germany
Ich habe es mir zur guten Gewohnheit gemacht, während meiner Langläufe Stunden ein gutes Managementbuch zu hören. Körperliche Selbstwahrnehmung, Natur und Inspiration pur. Mein aktuelles Hörbuch ist „Digital Germany“ von Christoph Keese, welcher lange Zeit mit seiner Familie im Silicon Valley gelebt und dort die Erfolgsmuster der digitalen Champions studiert hat. In seinem Buch „Silicon Valley“ hatte er im Jahre 2014 seine Erfahrungen und Erkenntnisse veröffentlicht. Inzwischen ist er nach Deutschland zurückgekehrt und hat sich hier auf die Suche nach Hürden und Chancen unserer Digitalisierung gemacht. Diese hat er in seinem 2016 erschienenen Buch „Silicon Germany“ festgehalten. Seine Einschätzung ist kritisch, was nicht verwundert. Ein Buch darüber, dass im Prinzip alles auf einem guten Wege ist, wäre sowohl unattraktiv wie auch unangemessen blauäugig. Doch Christoph Keese verzichtet auf ein pauschales simples „bashing“ der deutschen Politik und Wirtschaft und sucht nach Ursachen der an vielen Stellen vorzufindenden digitalen Trägheit.
Exzellenz statt Perfektion!
Die Ursachen des vielerorts festzustellenden digitalen Rückstands sind vielfältig. Christoph Keese hat diese anhand einiger prägnanter Fallbeispiele verdeutlicht. Zwei Punkte sind mir dabei besonders aufgefallen, insbesondere da sich auch stark mit meinen eigenen Erfahrungen decken. Zum einen fehlt vielen deutschen Unternehmen die kreative Fehlerkultur. Sie streben nach Perfektion statt nach Exzellenz. Perfektion bedingt eine Nullfehlerkultur bevor das Ergebnis dem Kunden präsentiert wird. Exzellenz jedoch schließt den Kunden in einen iterativen Fehlerreduzierungsprozess mit ein, wodurch dann auch mit jeder Schleife die Passgenauigkeit für den Kunden erhöht wird. Diese zuletzt beschriebene Arbeitsweise und Haltung wird durch agile Arbeitsweisen und Methoden, z.B. Scrum, Kanban & Co. ermöglicht. Es ist sicher kein Zufall, dass meine Kunden, die konsequent bei der Anwendung agiler Methoden sind, eine deutlich höhere und kundenorientiertere Digitalisierungsgeschwindigkeit haben.
Die Pyramide hat ausgedient
Eine weitere Ursache für die zähe Digitalisierung von Unternehmen ist die immer noch verbreitete hierarchische Organisationsstruktur mit Ab-Teilungen und Wissenssilos. Da digitale Innovation von interdisziplinärem Wissen lebt und da „der da oben“ in der komplexen Welt gar nicht mehr den strategischen Überblick haben kann, müssen wir uns wohl von der Pyramide verabschieden. Zumindest in den Unternehmen, die eine schnelle und wirkungsvolle digitale Transformation vollziehen wollen. Ein Alternativmodell zu der Pyramide hat der Autor Niels Pfläging mit seinem Beta Codex dargestellt. Das passende Bild dieser Organisationsform ist der Pfirsich mit einem starken Werte- und Sinnkern sowie internen Dienstleistern, unter anderem der Geschäftsführung. Darum herum befindet sich das saftige Fruchtfleisch in Form von allen kundennahen, wertschöpfenden Geschäftsbereichen, die untereinander bedarfsweise und dynamisch vernetzt sind. Damit dies funktionieren kann, sind agile Methoden, Selbstorganisation sowie eine Vertrauens- und Leistungskultur erforderlich. Über die dünne Schale wird dann mit dem Markt interagiert. Entscheidungen werden nicht mehr primär „da oben“ getroffen und auch nicht „in der Mitte im Kern“, sondern ganz nah am Kunden von Menschen, die sich auskennen.
Fazit
Dieser Blogartikel ist nicht als Rezension des Buches „Digital Germany“ gedacht. Dazu habe ich ja auch nur wenige Aspekte herausgegriffen, die mir besonders am Herzen liegen. Allerdings kann ich die Lektüre oder das Hören dieses Buches durchaus empfehlen. Gleiches gilt auch für „Organisation für Komplexität“ von Niels Pfläging, welcher einige sehr hilfreiche Organisationsprinzipien zur Bewältigung der digitalen Herausforderungen darstellt. Ich glaube, dass in der Unternehmensorganisation und -kultur der Schlüssel zu einem „Digital Germany“ liegt und setze mich persönlich dafür ein.
Christoph Keese
Niels Pfläging