Die Great Place to Work Szene trifft sich in Berlin

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Blog, People & Culture

Spieglein, Spieglein an der Wand, …
… wer ist der attraktivste Arbeitgeber im ganzen Land? Diese Frage beantwortet das Great Place to Work alle Jahre wieder und zeichnet 100 Unternehmen für ihre herausragende Unternehmenskultur aus. Grundlage dieser Zertifizierung sind die Ergebnisse umfassender anonymer Befragungen in den Gebieten Glaubwürdigkeit, Respekt, Fairness, Stolz und Teamgeist sowie der Kulturaudit, der neun Aspekte bzgl. der kulturgestaltenden HR Instrumente bewertet und im „benchmark“ vergleicht. Am 16.3.2017 war es wieder soweit. Im Rahmen einer feierlichen Abendveranstaltung durften die Gewinner des Wettbewerbs über den für sie im Bolle Festsaal aufgebauten Laufsteg gehen und konnten sich zu Recht über diese Würdigung freuen. Die Spitzenplätze gingen in diesem Jahr u.a. an die Unternehmen Adobe, SAS, Sparda Bank München, Sparkasse Bremen, SBK, Lidl, DIS, Heiligenfeld Kliniken, Hochland, ING Diba, Infinion, Paypal, Puma und W.L.Gore. Besonders erwähnen möchte ich auch, dass wieder viele Unternehmen aus dem Münsterland unter den Preisträgern waren, konkret die Firmen perbit, orderbase, Curacon, Shopware und die Alexianer Christophorus.



Unterwegs als Trüffelschwein
Als langjähriger Wettbewerbsteilnehmer (2006 – 2012) und jetziger Great Place to Work Botschafter genieße ich diese Abende sehr und fiebere gerne mit den vielen Unternehmen mit, die mir schon ans Herz gewachsen sind. Herzlichen Glückwunsch an Euch alle! Noch spannender sind allerdings die vielen besonderen HR Maßnahmen, die diese Unternehmen eingeführt haben. Besonders die ungewöhnlichen und gleichermaßen erfolgreichen Instrumente zur Stärkung einer vertrauens- und leistungsbasierten Unternehmenskultur machen mich neugierig. So bin ich während der vorgeschalteten Great Place to Work HR Zukunftskonferenz nicht nur als Botschafter durch die Reihen der Spitzenarbeitgeber gegangen (was ja einem Tragen von Eulen nach Athen gleichkommt), sondern eher als Trüffelschwein und auch als Journalist auf der Suche nach den außergewöhnlichen HR Maßnahmen. Einige wenige Beispiele aus dem Meer der unbegrenzten HR Möglichkeiten möchte ich an dieser Stelle kurz darstellen.



Das WATERLINE Prinzip und andere W.L. Gore Geschichten
Das Unternehmen W.L. Gore, ein Hersteller von Textilien für unterschiedlichste Anwendungen, gibt seinen Mitarbeitern ein sehr hohes Maß an Verantwortung. Jeder darf jede Entscheidung treffen, sofern das Unternehmen damit nicht in Gefahr gebracht wird. Dieses nennt W.L. Gore das WATERLINE Prinzip und benutzt dabei das Bild eines Schiffes. Die Matrosen dürfen experimentieren, indem sie Löcher in die Schiffswand bohren – sofern sich das Bohrloch nicht unterhalb der Wasserlinie befindet. Ein weiteres Instrument der dezentralen Verantwortung sind bei W.L. Gore der „Contribution Process“ und das „Advocate Feed Back“. Hierbei übernehmen Kollegen für Kollegen zu weiten Teilen die Leistungsbeurteilung und die Gehaltsbemessung. W.L. Gore gehört im Übrigen zu den Unternehmen, die seit dem Start der Arbeitgeberanalysen des Great Place to Work Instituts in Deutschland im Jahre 2002 sich jedes Jahr ununterbrochen dem Wettbewerb gestellt hat. Und dabei immer ganz vorne dabei war. Dass dieses Unternehmen zusätzlich auch noch wirtschaftlich außergewöhnlich erfolgreich ist, ist sicher zum großen Teil auf den sehr aufwändigen Feedbackprozess bzgl. der Unternehmenskultur zurückzuführen.



Roulette für ein Lunch mit Unbekannten
Als ein weiteres Beispiel möchte ich ein kleineres Unternehmen vorstellen, dass ebenso eine Vielzahl ungewöhnlicher HR Maßnahmen entdeckt und eingeführt hat und damit sowohl eine hohe Arbeitgeberattraktivität wie auch besonderen wirtschaftlichen Erfolg erreicht hat. Es handelt sich hier im die Positionierungsagentur SHORT CUTS aus Berlin mit ca. 80 Mitarbeitern, dessen Geschäftsführer Martin Permantier ich sehr schätze. SHORT CUTS fördert den Teamgeist unter anderem durch das sog. Lunch Roulette. In regelmäßigen Abständen werden zwei Mitarbeiter, die im Tagesgeschäft wenig Kontakt miteinander haben, zum Lunch per Los miteinander verabredet. Eine weitere Maßnahme von SHORT CUTS ist die Fortbildungsbörse. Am schwarzen Brett machen Mitarbeiter, die Experte in einem Thema sind, das sie auch schulen können, auf sich aufmerksam. Umgekehrt tragen sich Mitarbeiter ein, die Bedarf an einer speziellen Schulung haben. Passt Angebot und Nachfrage zusammen, hält der anbietende Mitarbeiter das Training für seine Kollegen und wird dabei wie ein externer Trainer entlohnt.


Bei Anruf Ausbildung
Mein drittes Beispiel für besonders attraktive Unternehmenskultur kommt aus dem Pflegewesen, einer Branche mit ganz anderen Herausforderungen als die beiden oben genannten. Statt über den Mangel an qualifizierten Pflegefachkräfte zu klagen, hat der Geschäftsführer des Altenpflegeheims St. Gereon, Bernd Bogert, sich etwas Ungewöhnliches einfallen lassen. Seine Maßnahme heißt „Bei Anruf Ausbildung“ und das ist wörtlich gemeint. Jeder Mensch, der sich um einen Ausbildungsplatz bewirbt, bekommt auch einen. Unabhängig von Zeugnissen, Qualifikationen, Qualität der Bewerbungsunterlagen etc. Er bzw. sie muss lediglich einen Hauptschulabschluss haben, nicht vorbestraft sein und mindestens 16 Jahre alt sein. Kein Wunder, dass junge Menschen dem Altenpflegeheims St. Gereon die Bude einrennen. Die Herausforderung für diese Organisation liegt darin, ausreichend Betreuer für die Auszubildenden bereit zu stellen, aber das schaffen sie.



Und immer wieder Agilität
Von diesen Geschichten habe ich auf dem Great Place to Work Kongress in der vergangenen Woche und auch in vielen Gesprächen mit Geschäftsführern und Personalleitern tatsächlich hunderte gehört und dabei immer wieder die gemeinsame Grundhaltung der Vertrauenskultur erlebt. All die Verantwortlichen eint eine große Leidenschaft mit ernstgemeinter Wertschätzung das volle Potenzial der Mitarbeiter zu entfesseln und damit sowohl die Menschen glücklich und das Unternehmen erfolgreich zu machen.

Auffällig auf Kongress war, dass kaum ein Vortrag ohne die Verdeutlichung des Nutzens einer agilen Organisation gehalten wurde. Nahezu alle Unternehmen befinden sich in einem Wandel hin zu einer agilen bzw. noch agileren Organisation. Sehr viele experimentieren mit Scrum, Kanban, Design Thinking, Lean Management und ähnlichen Methoden und haben dabei bislang ermutigende Erfahrungen gesammelt. Und das gilt nicht nur für überschaubare, flexible, inhabergeführte Unternehmen, sondern deutlich auch für Großorganisationen wie Daimler Financial Services oder VW Financial Services. Der Wandel ist spürbar und hat Kraft. Für mich bietet diese „community“ die Chance, für noventum passende „best practices“ zu trüffeln und damit unsere eigene „Agile Agenda“ zu befruchten.    

Im Anschluss an die Great Place to Work Veranstaltung in Berlin habe ich am Freitag die Chance genutzt, sowohl mit movingimage ein höchst agiles Unternehmen bei einem Besuch ausführlich kennen zu lernen wie auch danach mit Valentin Nowotny, dem Autoren des Buches „Agile Unternehmen – nur was sich bewegt, kann sich verbessern“ bei einem inspirierenden Business Lunch zu diskutieren. Darüber schreibe ich am kommenden Montag. Ich hoffe, Ihr seid dabei.  


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